3. Liga Herren Gruppe G 
Ohne neun Spieler und zwei Trainer 20. Sieg erkämpft
Bildquelle Handball.BO.De

Auch ohne neun kranke oder verletzte Spieler und ohne die Trainer Jörg Lützelberger und Vitor de Faria Baricelli meldete sich die HSG Konstanz nach der ersten Niederlage vor einer Woche in Pfullingen mit dem 35:31 gegen Fürstenfeldbruck eindrucksvoll zurück.

 

Mit Talenten aus dem eigenen Nachwuchs und eindrucksvollem Kampfgeist wurde auch der bisherige Tabellendritte und Zweitliga-Absteiger TuS Fürstenfeldbruck vor 700 frenetischen Fans in der Schänzle-Hölle mit 35:31 (18:15) bezwungen - der 20. Sieg im 21. Spiel.Die Liste der Verletzten oder Erkrankten war lang und wurde immer länger. Bis zum Anpfiff fehlten neben beiden Trainern mehr als eine ganze Mannschaft an Spielern. Peter Schramm, Christos Erifopoulos, Carlos Marquis, Gianluca Herbel, Jo Knipp, Shooter David Knezevic, Top-Torschütze Lukas Köder und mit Niklas Ingenpaß und Michel Stotz beide Kreisläufer. Damit fehlte zugleich der komplette Innenblock. Jammern gab es dennoch nicht.

Am Samstagvormittag bekam Co-Trainer Fabian Schlaich den Anruf: Er wird mit Unterstützung von Geschäftsführer André Melchert, der viel Erfahrung als ehemaliger Co-Trainer mitbringt, in der alleinigen Verantwortung stehen. Schon in den Tagen zuvor hatte er intensiv mit Jörg Lützelberger kommuniziert. „Ich musste dann nur noch das nehmen, was Jörg vorbereitet hatte und an die Seitenlinie stehen“, sagte er. Ganz so einfach war es jedoch nicht. „Es war schon anstrengender als gedacht“, gestand er und konnte sich trotz aller Ausfälle und Widrigkeiten über den ersten Sieg in seinem ersten Spiel als Cheftrainer freuen, an dem er mit klugen Korrekturen und Auszeiten zum richtigen Zeitpunkt seinen Anteil hatte.

Dass es dazu kam hat viel mit Leidenschaft, bemerkenswerter Einstellung, Kampfgeist, Wille und Entschlossenheit zu tun. Schlaich: „Alle, die da waren, hatten richtig Bock eine Reaktion zu zeigen. Wir wollten Vollgas gehen.“ Was sich die HSG vorgenommen hatte, ging nach ein paar Anlaufschwierigkeiten in völlig neuer Formation bestens auf. Mit viel Herzblut meldeten sich die Konstanzer, die toll von ihrem Anhang unterstützt und nach vorne getrieben wurden, zurück. Die Räume wurden zusehends besser geschlossen, die Gelb-Blauen halfen sich hervorragend gegenseitig gegen die starke Rückraumachse Engelmann-Horner aus und standen in der Deckung zusammen.

Matthias Hild sprang auf der für ihn ungewohnten Position im Abwehrzentrum in die Bresche, dazu die eigenen Nachwuchstalente Felix Fehrenbach und Pascal Mack sowie Kai Mittendorf aus der U23. Pascal Mack konnte sich einmal in die Torschützenliste eintragen und bekam für seinen Einsatz ein Sonderlob vom Trainer. „Pascal hat mich beeindruckt. Seine Aufgabe war es, die Brucker Abwehr weite Wege gehen zu lassen, sich viel zu bewegen und damit Räume zu schaffen. Diesen Job hat er sehr gut gemacht.“

Raum, den seine Mitspieler nutzten. Konstanz drehte auf, von 8:10 auf 12:10. Hinten wurde gerackert, nach Ballgewinnen ging es dann ganz schnell nach vorne. Über Aron Czako, über Fynn Beckmann und Kapitän Tim Bornhauser, die nun Verantwortung übernahmen und ihre Mitspieler vollends mitrissen. Beckmann: „Wahnsinn, wie wir einmal mehr so zusammenstehen.“ Gästetrainer Martin Wild stimmte in diese Richtung ein: „Ich hatte den Eindruck, Konstanz hat deutlich mehr in die Zweitkampfsituation und ins Tempospiel investiert.“

In einem nicht fehlerfreien, aber dennoch begeisternden Auftritt markierte Beckmann gar das 23:17 gegen „Brucker Panther“, die ebenfalls auf zwei wichtige Spieler verzichten mussten. Zwar kamen diese nochmal auf 22:24 heran, in Gefahr geriet der letztlich sichere 35:31-Heimsieg der HSG jedoch nicht mehr. Mit der Schützenhilfe aus Konstanz konnte sich somit der VfL Pfullingen vorzeitig Rang zwei und die Teilnahme an der Aufstiegsrunde sichern. Die HSG heimste ihre Punkte 39 und 40 ein.

Jörg Lützelberger und die vielen fehlenden Spieler konnten sich beruhigt ins Bett begeben. Schlaich brachte es schließlich auf den Punkt: „Bei uns ist nicht so wichtig wer spielt, sondern wie wir spielen. Wir wollten auf keinen Fall nochmal verlieren und wieder unsere Leistung zeigen.“ So konnte der 30-jährige angehende Lehrer die unerwartete Verantwortung genießen. „Das hat schon Spaß gemacht. Ich hatte ja einen leichten Job. Video und Taktik hatte Jörg alles vorbereitet.“ Trotzdem ist seine Hoffnung, dass es zu einer derartigen Ausnahmesituation nicht noch einmal kommen wird.

Am Sonntag steht für die HSG beim HBW Balingen-Weilstetten II das letzte Spiel der Vorrunde auf dem Programm. Der Grund, warum man die Begegnung gegen Fürstenfeldbruck nicht verlegen wollte. Einziger Termin wäre direkt vor dem Duell in Balingen gewesen. „Dort wollen wir aber noch einmal alles geben und nicht in den Abstiegskampf eingreifen“, erklärte Geschäftsführer André Melchert die Entscheidung, trotz der Ausfälle lieber spielen zu wollen.